Stefan Weinzierl

Beethovens Konzerträume – Raumakustik und Aufführungspraxis

Ausgabe: Buch
Sprache: Deutsch
Format: Hardcover, 267 Seiten
  • Verlag:
  • EAN: 9783923639427
  • ISBN: 978-3-923639-42-7
  • Artikelnummer: Weinzierl

Detaillierte baugeschichtliche Untersuchung und akustische Rekonstruktion der historischen Konzerträume Ludwig van Beethovens.

Mit zahlreichen Infos zu Fragen der räumlichen Aufstellung und Besetzung Beethovenscher Orchester.

GELEITWORT VON PROF. JUERGEN MEYER

VORWORT DES AUTORS

ABKÜRZUNGEN UND MASSEINHEITEN

I RAUMAKUSTIK UND AUFFÜHRUNGSPRAXIS

II KONTEXT

  1. Der Aufführungsraum in der Musik um 1800
  2. Konzertwesen und Konzertstätten um 1800

III DIE SYMPHONIEN L.V. BEETHOVENS: AUFFÜHRUNGEN, AUFFÜHRUNGSRÄUME UND AUFFÜHRUNGSPRAXIS

  1. Aufführungen der Orchesterwerke Beethovens in Wien, 1795-1827
    1. Zur Quellenlage
    2. Auführungsstatistik
  2. Die Konzerträume L.v. Beethovens in Wien
    1. Theater
    2. Fürstliche Privatpalais
    3. Tanzsäle und Restaurants
    4. Öffentliche Repräsentations- und Festsäle
  3. Symphonische Aufführungspraxis
    1. Besetzungsstärke der Orchester
      Hofkapelle und Tonkünstlersozietät - Theaterorchester -
      Fürstliche Privatkapellen - Dilettanten- und Liebhaberorchester
    2. Aufstellung der Orchester

IV DIE AKUSTIK DER KONZERTRÄUME BEETHOVENS

  1. Kriterien und Methoden
    1. Raumakustische Kriterien
    2. Raumakustische Messungen
    3. Raumakustische Simulation
  2. Computermodelle
    1. Theater an der Wien
    2. Burgtheater
    3. Kärntnertortheater
    4. Festsaal der Universität
    5. Großer Redoutensaal
    6. Kleiner Redoutensaal
    7. Landständischer Saal
    8. Palais Lobkowitz
    9. Augarten
    10. Mehlgrube

V ASPEKTE DER AUFFÜHRUNGSPRAXIS

  1. 1 Raumakustik und Orchesterklang
    1. Raumvolumen, Orchesterbesetzung, Lautstärke und Dynamik
    2. Zuschauerentfernung und Präsenz
    3. Klarheit und Nachhall
    4. Klangfarbe
    5. Räumlichkeit
  2. In einem äußerst günstigen Locale – Raumakustik im Spiegel zeitgenössischer Bewertungen
  3. Der Wandel der Aufführungsbedingungen um 1810

VI ZUSAMMENFASSUNG

EPILOG

ANHANG I: Aufführungen von Orchesterwerken Beethovens in Wien,
1795 bis März 1827

ANHANG II: Raumakustische Kriterien: Definitionen, Messverfahren und
Materialkonstanten

LITERATURVERZEICHNIS

NAMENSREGISTER

Mr. Varèse said he first realized the possibility of capturing space-rhythms several years ago while he was listening to Beethoven´s Seventh symphony being played in the Salle Pleyel in Paris. ‘Probably because the hall happened to be over-resonant’, he said, ‘I became conscious of an entirely new effect produced by this familiar music. I seemed to feel the music detaching itself and projecting itself in space. I became conscious of a third dimension in the music.

Es ist kaum ein Zufall, dass gerade in den 20er und 30er Jahren unseres Jahrhunderts der Raum als ästhetische Dimension vermehrt in das Blickfeld von Komponisten wie Musikwissenschaftlern rückte: Neue elektroakustische Verfahren und die Entwicklung des Rundfunks eröffneten Wege, den realen Raum in bisher ungeahnter Weise erfahrbar zu machen, zu manipulieren bzw. medial zu transformieren. So wie bei Varèse der Raum als Dimension für die Artikulation musikalischer Form in den Vordergrund trat, richtete sich auf Seiten der Musikwissenschaft der Blick auf Zusammenhänge zwischen Musik, architektonischem Raum und innermusikalischem Vorstellungsraum.

Die Akustik musikalischer Aufführungsräume spielt heute vor allem im Rahmen von Überlegungen zur Aufführungspraxis eine Rolle. Als Bindeglied zwischen Ausführendem und Rezipient beeinflusst der Raum die klangliche Gestalt von Musik in erheblichem Maße. Gleichzeitig ist seine Akustik ein Spiegelbild der räumlichen Bedingungen des Musizierens im weiteren Sinne, mit all ihren sozialen und soziokulturellen Aspekten.

Eine Untersuchung der Aufführungsräume L.v. Beethovens erschien aus mehreren Gründen besonders geeignet, um die Bedeutung der Raumakustik für die musikalische Aufführungspraxis deutlich zu machen und somit gleichzeitig Aufschlüsse über die Aufführungssituation klassischer Orchesterwerke zu erhalten. Denn auch wenn sich die aufführungspraktische Erforschung älterer Musik in den vergangenen Jahren längst über die Zeit der Wiener Klassik hinaus in das 19. Jahrhundert „vorgearbeitet" hat, blieb die Frage unbeantwortet, inwiefern auch die spezifischen akustischen Verhältnisse etwa für das Klangbild Beethovenscher Symphonien prägend waren und inwieweit sie sich von den heutigen Bedingungen eines modernen Konzertsaals unterscheiden. Dabei markiert gerade die Zeit um 1800 im deutschsprachigen Raum einen tiefgreifenden Wandel mit dem Übergang von einer aristokratisch-höfischen Musikkultur zu einem bürgerlichen Konzertbetrieb moderner Prägung. Und so wie Beethoven in der Folgezeit zur Modellfigur eines modernen, freischaffenden und autonomen Künstlertypus wurde, so ist zugleich weitgehend unerforscht, wie die äußeren Bedingungen des Musizierens mit diesem ideengeschichtlichen Wandel korrespondieren, inwiefern sie ein verändertes Musikverständnis widerspiegeln und unseren heutigen Vorstellungen von einem Konzertraum mit bürgerlicher Öffentlichkeit entsprechen.

Die außerordentlich früh einsetzende, aufführungsgeschichtliche Rezeption von Beethovens Werken bietet umfangreiches Material für eine solche Untersuchung. So konnten bereits zu seinen Lebzeiten über 250 Aufführungen seiner Orchesterwerke in Wien nachgewiesen werden, von denen er einen Großteil selbst vorbereitete, leitete oder zumindest anwesend war. Die zehn wichtigsten der zugehörigen historischen Aufführungsräume wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit akustisch untersucht. Die Konzentration auf Beethovens Wiener Zeit bot die Möglichkeit, die Aufführungsbedingungen einer räumlich wie zeitlich begrenzten musikalischen Epoche im Detail zu untersuchen, einer Epoche, die für Entwicklung der Gattung Sinfonie wie für die Entstehung eines öffentlichen Konzertwesens eine gleichermaßen zentrale Rolle spielt. In methodischer Hinsicht schließlich lieferte eine in den vergangenen Jahren weitgehend ausgereifte Software zur akustischen Modellierung virtueller Räume ein wertvolles Werkzeug, um nicht mehr existierende Konzerträume akustisch zu simulieren.

Vor einer Untersuchung der Akustik Beethovenscher Konzerträume waren jedoch einige Vorarbeiten zu leisten. Zum einen existierte keine Aufführungsgeschichte der Orchesterwerke Beethovens in Wien, an der sich die Bedeutung einzelner Aufführungsräume hätte ablesen lassen. Zum anderen war die Baugeschichte der in diesem Zusammenhang wichtigen Räume zum Teil kaum erforscht. Eine möglichst genaue Kenntnis des baulichen Zustands zur Zeit Beethovens ist jedoch Voraussetzung für die Zuverlässigkeit der erstellten Computermodelle. Und schließlich waren auch bei der Frage der Orchesterbesetzungen in den jeweiligen Räumen bisher zahlreiche Quellen unbeachtet geblieben. Die Ergebnisse dieser Vorarbeiten sind in Kapitel III zusammengefasst.

Von den 10 Räumen, die sich als die wichtigsten symphonischen Aufführungsstätten Beethovens erwiesen, sind nur zwei noch annähernd im Originalzustand erhalten. Die anderen wurden baulich stark verändert oder existieren nicht mehr. Die Akustik dieser Räume wurde daher mit Hilfe von Computermodellen simuliert (Kapitel IV). Durch eine Auswahl von raumakustischen Kriterien, die sich als wesentliche Beurteilungsaspekte der Akustik von Konzertsälen etabliert haben, wurde schließlich versucht, die spezifische Prägung des Orchesterklangs durch die Akustik der historischen Aufführungsräume zu charakterisieren, diese Ergebnisse vor dem Hintergrund zeitgenössischer Aussagen zur Akustik zu bewerten, sowie Kontinuitäten und Veränderungen in der historischen Entwicklung herauszuarbeiten (Kapitel V).

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1999/2000 im Fachbereich Kommunikations- und Geschichtswissenschaften der Technischen Universität Berlin als Dissertation angenommen. Für den Druck wurde sie leicht überarbeitet. An ihrem Zustandekommen waren eine Reihe von Personen maßgeblich beteiligt: Für wertvolle Hilfestellungen in musikgeschichlichen wie architekturgeschichtlichen Fragen in Wien danke ich Herrn Prof. Dr. Antonicek, Frau Dr. Handlos, Herrn Dr. Benedik, Frau Hofrat Dr. Petrin, Herrn Dr. Rizzi, Herrn Ing. Brauneis und Herrn Dipl.-Ing. Schuch. Die Firma PROKOM hat mir das akustische Meßsystem TEF, die Firma Acoustic Design Ahnert (ADA) die Simulationssoftware EASE zur Verfügung gestellt, wofür ich den Herren Bernhard Müller und Prof. Wolfgang Ahnert zu Dank verpflichtet bin. Ich danke Herrn Ulrich Bosch, der mir durch die Überlassung seiner Wohnung in Wien die Arbeit vor Ort sehr erleichtert hat. Ich danke meinem Vater Dr. Gerhard Weinzierl für seine moralische und fachliche Unterstützung, ebenso Herrn Thomas Zaufke für ein scharfes Auge beim Korrekturlesen.

Den Anstoß für die vorliegende Arbeit gab eine langjährige berufliche Beschäftigung mit akustischen Fragen sowie mit der klanglichen Umsetzung von Musik im Rahmen von Schallplattenproduktionen. Für ihr Interesse an dem Thema und eine stets konstruktive Betreuung bedanke ich mich bei Frau Prof. Helga de la Motte am Institut für Musikwissenschaft der TU Berlin, sowie bei den Teilnehmern ihres Doktorandenseminars für lebhafte und anregende Diskussionen. Für wertvolle Diskussionen zu akustischen Fragen danke ich Herrn Prof. Jürgen Meyer, der die Arbeit mitbetreut hat.

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